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Ein Roadtrip über Leucate nach Tarifa – zum europäischen Mekka des Kitesurfens

Als sehr verspätetes follow up zu meiner Tour in die Schweiz letztes Jahr möchte ich Euch heute von meinem Trip über Leucate nach Tarifa (Südspanien) berichten. Ein Trip, der relativ spontan geplant, dessen Länge und dessen Reiseziel ich mir letztes Jahr gar nicht hätte vorstellen können, der mich retrospektiv irgendwie an meine Grenzen gebracht hat und gleichzeitig so wundervoll war, wie man es sich nur wünschen kann.

Tarifa - ein Roadtrip zum Mekka des Kitesurfens

Wie das meistens so ist, begann das ganze eher als Schnapsidee. Im wahrsten Sinne des Wortes. Mit ein paar Freunden saß ich im Januar abends in Kapstadt zusammen. Nach 2,3 Gläsern Wein und einem regen Austausch über dies und das sprachen wir natürlich auch über die Urlaubsplanung für dieses Jahr. Dass die Kitewelt relativ klein ist, wusste ich ja bereits. Dass 4/5 Leuten allerdings unabhängig voneinander planten den Mai in Tarifa zu verbringen, war dann doch relativ überraschend. Die meisten wollten fliegen und sich für einen Monat eine Unterkunft vor Ort nehmen. Da ich mir allerdings erst vor 9 Monaten ein Auto (Taufname Ernie) gekauft hatte, kam dies für mich nicht in Frage. Und die Strecke sowieso schon nicht. 28h Auto fahren? On the road tout seul durch 3 Länder? Mit dem riesengroßen Bus, den ich noch gar nicht so gut kenne. Und dann für die nächsten 1-2 Monate im Auto wohnen? „Hmm“ dachte ich. „Verrückt, tempting & aber mit der Fahrt irgendwie auch no fucking way.“ Bis ein guter Freund kurzfristig den Vorschlag machte mich bis nach Spanien zu begleiten. Für mich als großer Freund von spontanen und verrückten Ideen, war dies der letzte Motivationskick, den ich brauchte. Zu zweit mit dem Auto runter – völlig easy. Ich war all in. In zwei Wochen sollte es los gehen.

Pläne ändern sich. Am liebsten kurzfristig.

Eine Woche vorher – alles war zu Hause gepackt, mein Zimmer untervermietet und ich mit meiner besten Freundin auf einem Mädelstrip in Lissabon – folgte dann der Anruf „Hey Izzy. Es tut mir mega Leid! Aber ich muss absagen. Ich komme hier nicht weg und kann mir keinen Urlaub nehmen“..

Also stand ich da. Exakt 2 Tage vor geplanter Abreise. Mit meinem Auto, meinen Kites, mir selbst und einem ziemlich nervösen Gefühl in der Magengegend. Also doch alleine fahren. 28h. Na großartig. Es aber nur deshalb nicht zu tun kam selbstverständlich nicht in Frage. Also fuhr ich los. Ohne Plan und mit genau 0 Erwartungen. Und was soll ich sagen? Nach den ersten Stunden allein im Auto, fand ich das Ganze gar mal mehr so übel. Hamburg -> Darmstadt an Tag 1 und eine Übernachtung an der ungefähr lautesten Raststätte aller Zeiten. Trotz völliger Müdigkeit (Memo an mich: An der Raststätte schlafen wird genau nie wieder passieren) folgte die Strecke Darmstadt -> Leucate an Tag 2. Und mein erstes Abenteuer.

Durchgeschwitzt, müde und nach 12 h Fahrt, mit wahnsinniger Vorfreude auf eine Dusche (die es wie ich später erfuhr auf dem Stellplatz in Leucate nicht gab – lang lebe der Gartenschlauch) hatte ich mein erstes Intermezzo mit der Mautstelle in Leucate. Samstag Abend, 21:30 und ich als weit und breit einzige Person an der Mautstation. 8 Minuten vom Zielort entfernt. Neben mir der Automat, der meine Kreditkarte nicht annehmen wollte, aber das Ticket schon eingezogen hatte (irgendwie klassisch, oder?!). Über den quietschgelben Hilfe-Button war niemand erreichbar. „Super“ dachte ich „geht ja gut los hier“. Effektive 5 und gefühlte 20 Minuten später meldete sich eine nette Französin, die mir sagte, meine Kreditkarte würde nicht funktionieren.. „Herzlichen Dank“ dachte ich schmunzelnd. „So weit war ich auch schon. Und jetzt?“ Das wusste sie leider auch nicht. Warum der Automat genau dort meine Kreditkarte (die wohl gemerkt überall sonst funktionierte) nicht nehmen wollte? Keine Ahnung. Warum ich kein Bargeld dabei hatte? Auch keine Ahnung. Ob ich froh war, dass ein Freund von mir in der Nähe war, vom Stellplatz zurück zur Mautstelle fuhr und mir seine Kreditkarte anbot? Ja! (falls Du das gerade lesen solltest – danke nochmal! <3 ). Also – Kreditkarte rein, Schranke auf und straight nach Leucate. Was auf dieses kleine Abenteuer hin folgte, war erstmal ziemlich schön. Denn die nächsten beiden Tage habe ich sehr viel Zeit auf dem Wasser verbracht, mein Grinsen nicht mehr ablegen können und bereits hier wundervolle Menschen kennengelernt. Die erste Etappe war geschafft und ich war angekommen. Physisch und mental. So musste sich völlige Freiheit anfühlen. Losgelöst von allem, ortsflexibel arbeitend. Einfach schön. Aufgrund dessen hier ein paar Insights zu Leucate:

Ein Roadtrip über Leucate nach Tarifa - zum europäischen Mekka des Kitesurfens

Grundsätzlich hat Leucate von Flachwasser- bis hin zu Wellenspots alles zu bieten. Und das sogar reichlich. Zu erreichen ist Leucate am besten mit dem Auto. Oder aber mit dem Flugzeug über den Airport Perpignan. Die vorherrschenden Winde sind der Mistral, der Tramontana, sowie der Marin. Letztere Winde sind aufgrund ihrer Entstehung des öfteren mit Wolken und oder schlechteren Wetterbedingungen verbunden. In Abhängigkeit der Spotlage, ist die beste Windrichtung  entweder Nord-West oder aber Süd-Ost. Insbesondere in den Sommermonaten kommt es – verstärkt durch die Thermik – zu Starkwinden mit einer Stärke von bis zu 10 Windstärken.

Geeignet sind die meisten Spots für Kite- wie auch Windsurfer. Aber auch Wingfoiler habe ich einige gesehen. Generell gilt:

Übersicht

Empfohlene Reisemonate: März, April, Mai, Juni, Juli, August, September, Oktober

Level: Beginner, Fortgeschrittene und Profis

Wind: meist moderat und stark 

Spot Konditionen: Flachwasser, Kabbelwelle und Welle

Geeignet für: Familien, Paare, Gruppen und auch Alleinreisende

Freizeit: Wandern, Mountainbiken, Klettern, Restaurants, Shopping, Natur genießen, Sternschnuppen zählen

Vor- und Nachteile Leucate

+ hoher Spaß- und Beschäftigungsfaktor (auch an Tagen ohne Wind)

+ Großer Kitespot

+ Panorama beim Kiten

+ Sehr entspanntes Ambiente

– Lange Anreise

– Sehr voll im Sommer

+ / – im Sommer kann es schon mal wirklich windig werden

– nicht unbedingt günstig

Ein Roadtrip über Leucate nach Tarifa - zum europäischen Mekka des Kitesurfens

 

Hier findet Ihr nochmal einen Abriss zu den jeweiligen Spots.

Etang de Leucate

Die Kitespots Le Goulet, La Marine und Les Pecheurs liegen am Etang de Leucate, welcher nicht unweit des Städtchens ist (10-15 Minuten mit dem Auto). Je nach Windstärke und -richtung kann der Spotcharakter in der Regel mit Flachwasser bis Kabbel beschrieben werden. Die Start- und Landezonen sind an allen 3 Spots nicht sonderlich groß. Daher ist wie immer ein wenig Umsicht angesagt. Da die Spots im Sommer sehr voll sind, sollte jeder, der hier surfen möchte zumindest sicher im hin und her fahren und Höhe laufen sein.

  • Geeignet für: Kitesurfer, Windsurfer, Wingfoiler (Anfänger, Fortgeschrittene, Profis)
  • Revier: Flachwasser, Kabbel
  • Windrichtung: NW, SO

Und weiter im Takt

Nun genug der Spots und weiter im Takt auf dem Weg nach Tarifa. Nach 2 Tagen top Windausbeute und mehrfachen Gartenschlauchduschen, ging es also weiter in Richtung spanische Grenze. Ein weiterer Roadtrip. 3 Tage lang. Mit den unter anderem schönsten Stellplätzen, die ich jemals gesehen habe. Remote arbeiten with a view an meinem bisher liebsten Campingplatz in Spanien:

Ein Roadtrip über Leucate nach Tarifa - zum europäischen Mekka des Kitesurfens

Da der Wind es nicht unbedingt gut mit uns meinte, konnten wir hier leider nicht kiten. Ob es überhaupt erlaubt ist, kann ich daher nicht sagen (auch, wenn ich 1,2x eine Matte am Himmel gesehen habe und grundsätzlich einfach mal davon ausgehen würde). Dennoch gibt es wundervolle Laufstrecken für die Sportler unter uns. Die Strände sind wunderschön, das Essen großartig und die Leute super freundlich. Dass wir einen hier einen Stellplatz ohne Reservierung erhalten haben, war allerdings Glückssache und nur bedingt durch die Nebensaison möglich. Der Mai scheint wohl gerade noch so zu funktionieren. Ab Juni wird es voll. Und zwar so richtig.Ein Roadtrip über Leucate nach Tarifa - zum europäischen Mekka des Kitesurfens

Vom Bett aufs Brett

Weitere 3 Tage und mehrfache Stopps im Auto kam das Ziel nun endlich näher. Nur noch 2 Stunden – Ende in Sicht! Tarifa! Der südlichste Zipfel Europas! Das Mekka der Kitesurfens! Endlos lange Strände. Stetiger Wind, entspannte Vibes und eine tolle Stadt und Umgebung. Meine Erwartungen an dieses eher kleine Städtchen waren hoch. Also ab auf den Campingplatz, um möglichst schnell Wurzeln zu schlagen. In Tarifa gibt es übrigens mehrere davon. Da sich nur wenige in direkter Spotnähe befinden, war die Auswahl klar. Nach der Anmeldung folgte also die Parkplatzsuche. Da Tarifa im Mai noch relativ entspannt ist, hatte ich die freie Auswahl. Wichtig war: Möglichst nah am Spot & möglichst mit der besten View. Geklappt hat das ganz gut.

Ein Roadtrip über Leucate nach Tarifa - zum europäischen Mekka des Kitesurfens

Arbeiten aus dem Bus während andere Kiten. Echt eine Umgewöhnung

Trotz dessen, dass ich das Thema remote arbeiten mehr oder minder gewohnt bin, war das Arbeiten aus dem Bus eine kleine bis mittelschwere Herausforderung für mich. Warum? Weil man da arbeitet, wo andere grundsätzlich Urlaub machen. Direkt am Spot. Und das erfordert eine ganze Portion an Konzentration und Willenskraft. Glücklicherweise hatte ich nur wenige Tage, an denen ich wirklich viele Überstunden machen musste. Die meisten waren eher regulär. Manchmal hatte ich sogar Zeit meine Mittagspause auf dem Wasser zu verbringen. Mein Set-up zum remote arbeiten, was ich jedem empfehlen kann ist folgendes:

  • ein zweiter kleiner Monitor (Kosten ca 120 EUR)
  • einen höhenverstellbaren Laptopständer (Kosten ca 30 EUR)
  • eine kabellose Maus (Kosten ca 30 EUR)
  • eine Funktastatur (Kosten ca 30 EUR)
  • Ein 12V Ladekabel, welches an den Zigarettenanzünder angeschlossen werden kann (Kosten 40 EUR)
  • Noise Cancelling Kopfhörer (nutze die von Bose. Teuer, aber lohnt sich!)

Wenn Emotionen Achterbahn fahren

Eine Sache, die ich in den letzten Wochen gelernt habe ist: Alleine zu reisen kann großartig, aber auch genau so blöd sein. Die 4 Wochen in Tarifa haben das nochmal klar gemacht. Es gab Tage, die blöd starteten und dann mit wundervollen Menschen und langen Nächten endeten. Auch gab es den Morgen danach, an dem man mit Kopfschmerzen aufwacht und seinen Tag alleine mit sich selbst im Bett im viel zu warmen Auto verbringt (für mich ein völlig seltsames Gefühl). Und es gab eben auch solche Tage, an denen man sich gern in seine gewohnte Umgebung zurück gewünscht und in sein Schneckenhaus verzogen hätte. Summa summarum kann ich aber folgendes festhalten:

Ich habe nicht nur viel Zeit mit meinen Freunden verbringen dürfen, sondern auch mehr als nur wundervolle Menschen kennengelernt. Ich hatte wahnsinnig tolle und tiefgründige Gespräche, schöne und unfassbar lustige Abende (danke an die Österreicher – Ihr seid der Hit!), ziemlich weirde Bumble Dates (ich weiß nicht, ob ich auch hier „danke“ sagen soll) und war in manchen Situationen sehr froh telefonischen Support von zu Hause zu haben – so n bisschen base muss eben doch sein. 😉

Aller Abschied fällt schwer

Nachdem ich nun also kappe 27 Tage in Tarifa verbrachte und einen Kundentermin in der folgenden Woche in Deutschland hatte, war es also Zeit für mich wieder aufzubrechen. Es fühlte sich zwar komisch und alles andere als schön, aber auch richtig an. Ich hatte viele Kite Sessions mitgenommen, 2 neue Tricks gelernt und echt ne ganze Portion an Erfahrungen und Eindrücken gesammelt. Also noch ein letztes mal Sonnenuntergang schauen mit Boris und der Gang, alle einmal ganz ganz doll drücken und ab ins Bett. Am nächsten Tag stand der große Abreisetag vor der Tür. Das Auto war gepackt, die Route geplant. Also los geht’s. 8 Uhr morgens, Abfahrt. Auf dem Weg nach Empuriabrava. Mit einem Zwischenstopp in Castello de la Plana (hier habe ich mich das erste mal erfolgreich aus meinem Auto ausgeschlossen), Empuriabrava, Cagnes-sur-mer in Frankreich und Mantua in Italien. Bevor es dann über München und Frankfurt am Main, jeweils um Freunde und Familie zu besuchen, nach Hause ging.

Mein Fazit:

  • sich in Spanien aus dem Auto ausschließen ist gar nicht mal so smart. Insbesondere nicht, wenn der Ersatzschlüssel auf Sardinien ist
  • Locals helfen einem eher als der ADAC 

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  • Wein mit Freunden in und aus Südfrankreich ist unschlagbar

Ein Roadtrip über Leucate nach Tarifa - zum europäischen Mekka des Kitesurfens

  • italienische Aperitivi mit der Familie sind sehr alkohol- und essenslastig
  • mit einem kaputten Turboladeschlauch kann man zwar nur sehr langsam, aber immer noch nach Hause fahren
  • Scheibenwaschanlagen sind überbewertet (ja, auch die ist nach 6000 km kaputt gegangen)

und am wichtigsten: Es ist verdammt schön wieder nach Hause zu kommen! <3

Danke Tarifa, es war mir ein Fest. Wir sehen uns nächstes Jahr ganz bestimmt wieder!  

Ein Roadtrip über Leucate nach Tarifa - zum europäischen Mekka des Kitesurfens

Tarifa - ein Roadtrip zum Mekka des Kitesurfens

Ein Roadtrip über Leucate nach Tarifa - zum europäischen Mekka des Kitesurfens

Und wenn kein Wind ist?

Wenn kein Wind ist, was in Tarifa recht selten vorkommt, dann gibt es in der jede Menge anderer, schöner Dinge zu tun. Nach meiner Erfahrung kann man in Tarifa nicht nur wunderbar shoppen, denn auch die vielen süßen kleinen Cafés, Bars und Restaurants laden zum Verweilen ein. Empfehlen kann ich außerdem einen Abstecher nach Marokko zu machen. Hier kann man die Fähre nehmen, die 2-3x am Tag von Tarifa hin- und zurück fährt. Die Fähre steuert unterschiedliche Ziele an. Hier gibt es die Auswahl zwischen Tangier und Ceuta. 

Darüber hinaus ist Tarifa umgeben von wundervollen Städten, wie bspw. Sevilla, Bolonia, Málaga, Granada und Cadiz, welche innerhalb weniger Autostunden erreichbar sind und sich somit perfekt für einen Tages- oder Wochenendtrip eignen. Wer weitere Infos möchte, sollte sich unbedingt den Artikel von Isa anschauen

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1 Comment

  1. dein Roadtrip-Bericht von Leucate nach Tarifa hat mich wirklich inspiriert! Die Idee, die wunderschöne Küstenlandschaft zu erkunden und von einem Ort zum anderen zu fahren, klingt nach einem fantastischen Abenteuer.
    LG
    Nora

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