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Lahn Camino – ab auf den Jakobsweg

Nachdem meine erste Wanderung auf dem Jakobsweg so ein absolut geniales Erlebnis war, wusste ich schon im April dass ich wieder los möchte. Dieses Mal hatte ich das Glück, dass Pensionen und Pilgerherbergen trotz COVID 19 wieder geöffnet hatten. Somit stand einer Wanderung auf dem Jakobsweg über mehrere Tage nichts mehr im Weg.

Dieses Mal ging es für mich allerdings nicht in meine Heimat, sondern auf den Lahn Camino. Der ca. 150 km lange Lahn Camino ist ein Teilabschnitt des deutschen Jakobsweges und führt von Wetzlar über Weilburg, Villmar, Limburg, Diez, Obernhof und Bad Ems nach Lahnstein. Pilgern abseits der großen und berühmten Pilgerstrecken – durch und über die Höhen des wunderschönen Lahntales wandern, von Wetzlar nach Lahnstein.

Die 6 Teiletappen

Der Jakobsweg an der Lahn wird in 6 Teiletappen aufgeteilt. Alle Strecken sind zwischen 20 und 30 km lang, bis auf eine Teiletappe die mit etwas über 15 km verhältnismäßig kurz ist.

Nauborn – Laufdorf – Burgsolms – Braunfels – Hirschhausen – Kubach – Weilburg27.06.45
Freienfels – Elkerhausen – Langhecke – Traisfurt – Villmar26.56.30
Runkel – Ennerich – Eschhofen – Limburg an der Lajn – Diez an der Lahn21.05.0
Fachingen – Balduinstein – Steinsberg – Bremberg – Seelbach – Obernhof29.07.15
Weinähr – Nassau – Hömberg – Dausenau – Bad Ems 15.54.0
Nievern – Miellen – Friedrichssegen – Im Einmuth – Lahnstein 22.05.45

Da ich gerne selbst Pläne schmiede und meine Routen auch super gern selbst plane, habe ich mich entschieden an 3 Tagen von Limburg bis Lahnstein zu laufen. Sprich ich habe die “vorgegebenen” Etappen etwas angepasst und für mich passend gemacht. Außerdem sollte mein kleines “Camino-Abenteuer” in Koblenz enden, da ich die Stadt gerne nochmal besuchen wollte.

Lahn Camino, der Jakobsweg an der Lahn entlang
Der Lahn Camino führt direkt an der Lahn entlang

1. Teiletappe Limburg − Laurenburg (ca. 32,5 km)

Laurenburg liegt zwischen Balduinstein und Steinsberg. Mit ungefähr 30 km sollte der erste Tag der Tag mit der längsten Wegstrecke auf dem Lahn Camino für mich werdenwerden. Doch zunächst nehme ich die Regionalbahn vom Frankfurter Hauptbahnhof um in Limburg mein kleines Abenteuer zu starten.

Limburg

Was mir in Limburg sofort auffällt und mich positiv überrascht: Die Stadt hat einen noch super schönen, mittelalterlichen Stadtkern, was es heute nur noch selten in Deutschland zu sehen gibt. Aufwändig verziertes Fachwerk kann man in der ganzen Altstadt entdecken.

Zunächst führt mich der Weg durch kleine, super niedliche Gassen, ziemlich steil und teilweise über Treppen zum Dom hoch. vorbei am Hof des Kloster Eberbach mit der heute evangelischen St. Johannes-Kapelle von 1322, den Bronzetafeln zum Dom. Außerdem steht hier das Haus Römer 2-4-6, eines der ältesten, gut erhaltenen Fachwerkhäuser Deutschlands. Oben angelangt finde ich mich auf dem Domplatz wieder. Nach Verlassen des Doms folgt schon das nächste Highlight, das Limburger Schloss mit dem spät romanischen Mittelbau aus dem Anfang des 13. Jahrhunderts.

Ich folge dem Weg zwischen der Altstadt und der Lahn, unterhalb des mächtigen Schloss- und Domfelsen. Vorbei an der Obermühle und dem gegenüberliegenden neu errichteten Wasserrad der ehemaligen Tuch- und Farbenfabrik, passiere ich den Anfang des 20. Jahrhunderts errichteten Hochwasserzeiger. Doch als ich die erste Brücke überquere, merke ich dass ich in die falsche Richtung laufe, das fängt ja gut an.

Kurzerhand drehe ich um, komme wenig später am Haus der sieben Laster vorbei, ein Fachwerkhaus aus 1567. Von hier aus geht der Weg ins rheinland-pfälzische Diez immer an der Lahn entlang. Über den Radweg geht es bis kurz vor Diez, dort verlässt man die Lahn. Hier erwartet mich eine extreme Steigung, hinauf zum Schloss Oranienstein und dem Stadtwald Hain. Jetzt führt der Weg erstmal durch den beliebten Stadtwald und die Christianenstraße hinunter in die Stadt Diez.

Diez

In Diez angekommen zeigt meine Uhr: 20 gegangene Kilometer in 4,5 Stunden. Diez verleitet ein wenig zum Schlendern und sich Umschauen, ein wirklich nettes Städtchen. Und auch hier finde ich nicht direkt wieder auf den Lahn Camino zurück, aber ich frage einen Einheimischen der mir freundlich den Weg erklärt. Und so finde ich mich ein wenig später auf dem Jakobsweg wieder. Nun geht es durch den Wald, hoch und runter – das erste Mal habe ich eine ungefähre Ahnung was mit dem Schwierigkeitsgrad “schwer” im Reiseführer gemeint war. Die Höhenmeter und die unebenen Wege sind tatsächlich nicht zu unterschätzen. 

Laurenburg

Als ich rechterhand Laurenburg entdecke, verstehe ich nun auch die abgesteckten Teilrouten. Denn es gibt keine direkte Möglichkeit nach Laurenburg abzubiegen. Es trennt mich ein steiler Hang und die Lahn. Ich muss einen Umweg von ca. 2 km laufen um erstens runter zur Lahn zu kommen um diese dann über eine Brücke zu überqueren. 

Als ich an meinem ersten Etappenziel, dem Gasthof zur Lahn in Laurenburg ankomme bin ich ziemlich geschafft und kann mir nicht vorstellen, dass mich meine Füße am nächsten Tag nochmals über 20 km tragen sollen.

Lahn Camino, erste Teiletappe bis Laurenburg
Laurenburg

2. Teiletappe Laurenburg bis Nassau (ca. 23,0 km)

Schon als ich morgens aus dem Bett steige spüre ich die Belastung der 1. Teiletappe am Vortag. Die Kniebeugen spannen, die Füße tun weh. Gerade kann ich mir noch nicht vorstellen heute wieder mehrere Kilometer zu laufen. Aber erstmal ruft ja auch das Frühstück. Im Gasthof gibt es ganz klassisch Kaffee, Tee, Brötchen, Aufschnitt und verschiedene Aufstriche. 

Gesättigt und guten Mutes geht es weiter, ca. 1 km vom Gasthof zur Lahn entfernt finde ich mich auf dem Jakobsweg wieder. Die Sonne lacht, meine Laune ist gut und ich habe Lust heute noch mehr Natur zu entdecken. Die ersten 5 km sind anstrengend, super anstrengend, es geht über Stock und Stein, aus dem Rupbachtal steil den Berg hinauf. 

Von Kloster zu Kloster der Lahn entlang

Durch ein wildes Bachtal erfolgt der nächste Aufstieg zur Klosterruine Brunnenburg. Der Blick hinunter von der Klosterruine ist vielleicht der schönste Ausblick, den ich in diesen Tagen an der Lahn zu sehen bekomme.

Der kräftezehrende Aufstieg lohnt sich in jedem Fall! Auf einem gut ausgebauten Weg geht es weiter, wieder bergauf zum Kloster Arnstein.

Ich gönne mir eine Pause, bekomme gegen eine Spende einen Kaffee im kleinen Hofladen. Durchatmen, kurz die Füße entspannen und weiter geht es über Oberndorf ans heutige Endziel Nassau.

Kloster Arnstein auf dem Lahn Camino
Kloster Arnstein

Meine heutige Unterkunft Pension Lahnblick liegt direkt auf dem Jakobsweg, oberhalb des beschaulichen Städtchens Nassau.

3. Teiletappe Nassau bis Lahnstein bzw. Bad Ems (ca. 17 km)

Gute gestärkt im benachbarten Hotel Lahnromantik geht es an Tag Drei weiter von Nassau, eigentlich bis Lahnstein. Doch schon am Vortag habe ich mit dem Gedanken gespielt die 3. Teiletappe zu verkürzen und nur bis Bad Ems zu wandern. Mal schauen was der Tag bringt und wie sich die Füße nach den ersten Kilometern anfühlen.

Lahn Camino, der Jakobsweg in Nassau
Nassau

Ziemlich gemütlich geht es ein kleines Stück abwärts mit Blick auf die Burg Nassau. Insgeheim hoffe ich, dass mich mein Weg nicht bis zur Burg hoch führt und habe Glück. Es geht Richtung Süden, entgegen Misselberg, welches eigentlich mein nächstes Ziel sein soll. Aber das blau-gelbe Muschelzeichen führt mich eindeutig zur Stiftung Scheuern, eine Werkstatt für behinderte Menschen. Dort hole ich mir noch einen Pilgerstempel bevor das Chaos perfekt wird. 

Natürlich darf der Pilgerstempel auf dem Jakobsweg nicht fehlen.
Stiftung Scheuern

Das Chaos wird perfekt!

Die nächsten 90 Minuten laufe ich im Kreis, manche Wege doppelt und bin kurz davor zu verzweifeln. Das Problem, eine Wegkreuzung mit 2 Jakobsmuscheln, eine zeigt nach rechts die andere nach links. Ich entscheide mich für links und lande kurz später in einem Industriegebiet. Hier fällt mir auf, dass ich seit drei Tagen keinen einzigen Supermarkt oder ein anderes Ladengeschäft gesehen habe. Ich kehre um da ich keine weitere Muschel finde, muss aber kurz später feststellen, dass auch in die andere Richtung kein Zeichen zu finden ist.

Also beschließe ich zurück zu gehen bis zur letzten Muschel auf dem Lahn Camino und finde mich kurz später an einem steilen, dicht bewachsenen Hang, umgeben von Stacheln und Disteln wieder. Nun wird es Zeit das Handy auszupacken und meinen Standort zu checken. Die Richtung stimmt, nur der Weg, der kein wirklicher Weg ist, ist ganz sicher nicht der Richtige. Zwanzig Minuten und etliche Höhenmeter später stehe ich wieder auf festem Boden und erreiche ein wenig später dann auch Misselberg wo mich sofort ein blau-gelber Muschel Aufkleber anlacht, gottseidank!

Lahn Camino, Natur pur auf den Jakobsweg
Mitten im Nirgendwo

Dausenau und Bad Ems

Und auch wenn ich mir gerade gewünscht habe, dass es nicht mehr so steil bergauf geht, bis Dausenau geht es nun bergab. Jeder Schritt tut weh und sogar jeder einzelne Zeh schmerzt. Hier entscheide ich, mein Abenteuer Jakobsweg in Bad Ems zu beenden. Nun macht es keinen Spaß mehr, jeder Schritt ist eine Qual.

Lahn Camino – Mein Abenteuer auf dem Jakobsweg

72,5 km auf dem Lahn Camino in drei Tagen und meine Füße brennen, große Blasen zieren meine Zehen. Und das obwohl ich gutes und vor allem eingelaufenes Schuhwerk anhatte. Konditionell könnte ich wohl noch einige Tage weiterlaufen, aber meine Füße brauchen dringend eine Pause. Sollte ich doch einmal nach Santiago de Compostela wandern, muss ich mir etwas einfallen lassen um meine Füße abends zu verarzten. Denn um die Pilgerurkunde zu bekommen, muss der ordnungsgemäß auf jeder Wegstrecke abgestempelte Pilgerausweis mit mindestens 100 km nachgewiesen werden, die zu Fuß zurückgelegt wurden.

Sehenswürdigkeiten auf den drei Teiletappen des Lahn Camino

  • Limburg/ Dom
  • Diez/ Schloss Oranienstein
  • Balduinstein/ Schaumburg
  • Obernhof/ Kloster Arnstein
  • Nassau/ Nassauer Schloss
  • Dausenau/ Kirche St. Kastor
  • Bad Ems/ Heilquellen
  • Frücht/ Kapelle Freiherr vom Stein
  • Friedrichssegen/ Bergbaumuseum
  • Lahnstein/ Burg Lahneck
Lahn Camino, der Jakobsweg und die Aussicht über Bad Ems.
Blick über Bad Ems
Lesetipp:

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Optimistische, sportbegeisterte & sture Trotzdem-Macherin. Seit ich 2012 das erste Mal meinen Rucksack gepackt habe, bin ich zum Reise-Suchti mutiert. Immer auf der Suche nach dem Neuen und Unbekannten.

4 Kommentare

  1. Toll, was du da gemacht hast! Auf meinen doch deutlich kürzeren Wanderungen hier im Schwarzwald ist mir die Muschel auch schon ab und zu aufgefallen, allerdings ist sie längst nicht so häufig zu finden. Ich habe mich schon manches Mal gefragt, wie man mit dieser sehr spartanischen Ausschilderung seinen Weg finden will.
    Liebe Grüße
    Gabriela

  2. Hallo Isabelle,

    das liest sich, als wäre es ziemlich anstrengend gewesen. Vorallem die letzte Tour, wo du dank fehlender Markierung viel Meter „umsonst“ gelaufen bist. Andererseits: wer weiß, wofür das gut war. Im Nachhinein findet man manchmal den Sinn hinter dem Unsinn.

    Wirst du die restlichen Kilometer irgendwann noch laufen?

    Liebe Grüße
    Liane

  3. Liebe Isa,
    das hört sich wirklich nach einer tollen Tour an! Das mit dem Wegweiser-Chaos hatte ich auch schon ein paar Mal, auch mit zum Teil gar nicht so ungefährlichen „Abwegen“. Ich bin gespannt, auf welchen Camino es Dich als nächstes verschlägt.
    Viele Grüße,
    Sanne

  4. Ach wie schön 🙂
    das klingt nach einer tollen Wandertour. Wie siehst Du den Unterschied zwischen Pilgern und Wandern?
    Ist es zwingend spirituell in Deinen Augen?
    Ich bin gespannt, ob Lustloszugehen jetzt eine neue Ausrichtung bekommt 🙂

    Liebe Grüße, Katja

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