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Peaks of the Balkans-Trail (Gastbeitrag)

Montenegro, Albanien und Kosovo, 192 Kilometer Fernwanderung durch drei zuvor größtenteils unbekannte Länder auf dem Balkan mit relativ spärlichen Informationen vorab – das war mein Projekt für den vergangenen Spätsommer. Zusammen mit fünf Freundinnen und Freunden habe ich mich Anfang September auf den Weg gemacht, um fernab der üblichen Wanderrouten in den Alpen die Schönheit Osteuropas zu erkunden. Es ging steil bergauf und bergab, auf die höchsten Gipfel der Region und entlang wunderschöner Bergseen. Zurück komme ich mit einem riesigen Erfahrungszuwachs – sowohl landschaftlich als auch kulturell. Und mit der Überzeugung: In fünf Jahren wird der Peaks of the Balkans-Trail in ganz Europa bekannt sein.

Die Vorbereitungen

Auch wenn ich nach dieser Wanderung sagen würde, dass man sich bis auf eine gut durchdachte Wahl des Reisegepäcks kaum mit lästigen Vorbereitungen rumschlagen muss, geht es eben auch nicht ganz ohne: Da keiner der drei Staaten Mitglied der EU ist, sind bei der Überquerung der Ländergrenzen Genehmigungen vonnöten, die bereits im Voraus erteilt werden müssen. Fairerweise muss ich dazu sagen, dass es sich dabei um sogenannte grüne Grenzen handelt, an denen kein fester Grenzposten installiert ist. Es ist daher schon sehr unwahrscheinlich, dass
überhaupt kontrolliert wird, doch theoretisch kann es – auch wenn wir nicht einem einzigen Polizisten begegnet sind – Kontrollen auf der Strecke geben, bei denen nachzuweisen ist, dass die Grenzberechtigungen erteilt worden sind. Diese Genehmigungen sind ziemlich entspannt online zu beantragen und kosten für alle drei Länder 25 Euro pro Person. Mehr Informationen dazu holt ihr euch am besten hier.

Anreise Peaks of the Balkans-Trail

Eine weitere Hürde in der Planung des Peaks of the Balkans-Trail wartet bei der Anreise. Es wird empfohlen, die Wanderung entweder im montenegrinischen Plav, im albanischen Theth oder im kosovarischen Reka e Allages zu beginnen. Wir haben uns im Vorfeld für Plav entschieden, das eine zweistündige Autofahrt oder eine knapp vierstündige Busfahrt von Montenegros Hauptstadt Podgorica entfernt ist. Der Weg dorthin kann unterschiedlich beschritten werden, allerdings ist er in jedem Fall lang und anstrengend. Deshalb würde ich mindestens eine Zwischenstation bei der Anreise einplanen, beispielsweise in Ljubljana oder Budapest. Unser gewählter Ausgangspunkt Plav ist gleichzeitig auch der größte Ort, der einem auf der Wanderung begegnet – zumindest wenn man den offiziellen Wanderrouten folgt. Dort gibt es alles, um sich bestens auf die anstehenden Tage vorzubereiten – Lebensmittel, Gaskartuschen, Bäckereien. Zudem gibt es dort einen schönen See, der bei der Rückkehr von der Wanderung ein sehr entspannter Ort zum Chillen ist – kann ich aus eigener Erfahrung bestätigen. Von Plav ging es für uns erst in den Südwesten Richtung Vusanje und am nächsten Tag nach Albanien, genauer gesagt nach Theth. Ich würde Plav als Startpunkt und die von uns gewählte Route durchaus empfehlen – aus mehreren Gründen: Erstens hätte ich den Trouble der zwar kleinen, aber doch belebten Stadt Plav zwischen der Natur-Experience nicht gebraucht, ich wäre wahrscheinlich sogar überfordert davon gewesen. Zweitens gibt es an den ersten beiden Zwischenzielen in Vusanje und Theth wenigstens noch kleine Shops bzw. gut ausgestattete Kioske, danach wird es schnell knapp. Genauer gesagt gibt es auf der weiteren Strecke keine Lebensmittel mehr zu kaufen, einzelne in der Vergangenheit existierende Läden haben die Corona-Krise nicht überlebt. In den ersten Tagen kann man deshalb noch langsam rein finden in den neuen Alltag ohne Supermärkte, und sich natürlich auch entsprechend ausstatten.

Die Wanderroute

Ganz klar würde ich den Peaks of the Balkans-Trail aber auch allgemein weiterempfehlen – und das für unterschiedliche Niveaustufen. Natürlich sollte man körperlich fit sein, um die knapp 200 Kilometer mit fast 20000 Höhenmetern meistern zu können, doch die Strecke lässt sich unterschiedlich angehen und kann so von Wandernden mit verschiedenen Ansprüchen absolviert werden. Ja, wir sind die Route in den minimal vorgesehenen zehn Tagen gewandert, haben aber auch etliche Leute getroffen, die sich mehr Zeit genommen und demnach auch Ruhetage eingelegt haben. Die noch sehr überschaubaren Zahlen an Besuchern machen es möglich, jeden Tag ganz flexibel nach körperlicher Verfassung und nach Laune anzugehen und wenn nötig, auch mal eine Pause einzulegen.

Zudem lassen sich auf der Strecke auch recht problemlos Möglichkeiten finden, die Wanderung abzukürzen oder bei Verletzung/Krankheit abzubrechen. Der Teil im Kosovo kann beispielsweise gänzlich ausgelassen werden, ohne den offiziellen PoB-Trail überhaupt verlassen zu müssen. Es wird dafür einfach eine andere Abzweigung gewählt, um auf direktem Weg nach Montenegro zurückzukehren. Zudem verkehren auch immer wieder Busse in der Nähe der Strecke, mit denen der schnellste Weg in die nächste größere Stadt beschritten werden kann.

Doch auch den ambitionierten Bergsteigerinnen und Bergsteigern kann die Angst genommen werden, nicht voll auf die Kosten zu kommen: Neben Abkürzungen und Ruhetagen können auch problemlos Extra-Kilometer und zusätzliche Höhenmeter eingebaut werden. Von der offiziellen Strecke abzweigende Gipfelaufstiege und alternative Wege machen auch das ohne Weiteres möglich. Es kommt wirklich jeder und jede zu dem individuell besten Wandererlebnis.

Keine größeren Gedanken muss man sich dabei übrigens bezüglich der Streckenführung machen – mit eine der größten Überraschungen für mich vor Ort. In verschiedenen Blogartikeln, die ich zur Vorbereitung auf die Wanderung durchgegangen bin, oder auch in Facebook Gruppen, wurde besonders die mangelhafte Beschilderung der Wanderwege betont – in vielen Fällen wurde sogar zu einem GPS-Gerät oder einem privaten Guide geraten. Diese Warnungen kann ich keineswegs bestätigen. Offline-Maps – ich habe die tschechische Karten-App mapy.cz benutzt – sind absolut empfehlenswert, und doch hab ich auch die nur in den seltensten Fällen wirklich benötigt.
Natürlich kann es mal vorkommen, dass es eine Zeit lang an klaren Zeichen fehlt, doch insgesamt ist auch der Eindruck nahezu durchweg positiv.

Bei den ganzen Informationen habe ich die wichtigste Sache noch gar nicht erwähnt: Die Wanderroute bietet auch landschaftlich alles, was man sich vorstellen kann. Unterschiedlichste Umgebungen innerhalb eines Tages, spektakuläre Bergformationen und Aussichten, bei dem einem fast die Luft wegbleibt – der Peaks of the Balkans-Trail hat einfach alles, was das Wanderherz begehrt.

Die Versorgungssituation

Auf die etwas komplizierte Versorgungslage bin ich oben schon einmal kurz eingegangen, aber eins ist auch ganz klar gesagt: Verhungern wird auf der Route niemand! Auch wenn die Supermarkt-Situation vielleicht den Einen oder die Andere vor Probleme stellen wird, gibt es in jedem Ort etliche Gasthäuser, die oft traditionelle Gerichte aus eigenem Anbau zubereiten. Die Produkte ähneln sich zwar teilweise – an Weißbrot und dem typischen Weißkäse wird man kaum vorbeikommen –, aber doch ist es immer wieder schön, von Locals bekocht zu werden. Ohne Probleme stellen die Familien einem auch ein reichhaltiges Lunchpaket für den nächsten Tag zusammen, das am Morgen frisch abgeholt werden kann. Für mich war das alles zum Beispiel viel schöner, als immer den Supermarkt direkt vor der Nase zu haben.

Was fürs Essen gilt, lässt sich über die Wasserversorgung auf der Route erst recht sagen. Obwohl es Anfang September ziemlich trocken war – einige Flüsse waren beispielsweise nahezu komplett ausgetrocknet – gab es auf jedem Streckenabschnitt reichlich Möglichkeiten, die Wasservorräte aufzufüllen. Während das vereinzelt an kleinen Quellen aus den Bergen passieren musste, gab es des Öfteren auch extra dafür eingerichtete Wasserstellen. Die Wasserreserven sollten im Normalfall auf jeden Fall kein Problem werden, zumal auch in den Gasthäusern immer trinkbares Wasser vorhanden war.

Die Situation in den Gasthäusern ist auch der Grund, warum ich persönlich auch beim nächsten Mal wieder auf eigene Kochutensilien, wie Campingkocher und Geschirr verzichten würde. Das Essen ist meistens wirklich gut, man wird immer reichlich bekocht und die Preise halten sich absolut in Grenzen. Dafür spart man sich wichtige Kilos im Wanderrucksack, eine Sache, die für mich im Vorfeld und auch während der Wanderung hohe Priorität hatte. Natürlich hat es einen gewissen Reiz, sich komplett selbst zu versorgen und noch unabhängiger zu sein. Doch gerade aufgrund der begrenzten Zahl an Mitwandernden ist man auch mit den Gasthäusern immer noch ziemlich flexibel, kann sich immer sehr kurzfristig anmelden und erspart sich dazu sowas Nerviges wie den Abwasch.

Dazu kommt, dass es nahezu auf allen Hütten gutes WLAN gibt. Man kann von der Kombination Wanderung in der Natur und Internet halten, was man möchte – auch bei uns haben einige das Handy zehn Tage lang im Rucksack gelassen –, aber es ist durchaus hilfreich für die flexible Planung vor Ort. So kann man sich zum Beispiel wettertechnisch immer auf dem Laufenden halten. Und wie gesagt: Detoxen ist trotzdem erlaubt! ☺

Fernwanderweg Peaks of the Balkans-Trail

Camping und Equipment

Wenn wir gerade beim Thema Wetter sind, muss ich aber auch sagen: Ich würde der Wettervorhersage immer nur mit gewisser Vorsicht folgen, was für die Berge natürlich auch absolut normal ist. Jedenfalls würde ich mein Gepäck so zusammenstellen, dass ich für jede Wetterlage gerüstet bin. Auch wenn es mal den ganzen Tag sonnig war, hat es sich am Abend sehr oft zugezogen, nachts gab es häufig Regen oder Gewitter. Möglicherweise ist das in den
Sommermonaten nochmal anders, trotzdem würde ich da auf Nummer Sicher gehen.

Dazu gehört zwangsläufig auch das richtige Equipment für die Nacht. Weil wir auf der Strecke erstens möglich große Flexibilität wollten und wir zweitens auch alle das Campen lieben, haben wir uns für Zelt und Schlafsack anstelle vom Übernachten in den Gasthäusern entschieden. Die Qualität der Schlafsäcke war dabei innerhalb unserer Gruppe verschieden groß – und das hat sich definitiv bemerkbar gemacht. Auch wenn hier ebenfalls das Gewicht eine große Rolle spielen sollte, war ich persönlich sehr froh, dass ich für die Reise eher auf Kälteschutz als penibel auf Gewicht geachtet habe. Ich habe mit meinem Schlafsack mit einer Komforttemperatur von -14 Grad logischerweise nicht gefroren, insgesamt war das in unserer Gruppe aber schon ein Problem. Beim Zelt würde ich wiederum ziemlich streng auf das Gewicht achten.

Fernwanderweg Peaks of the Balkans-Trail

Die Situation zum Wildcampen ist übrigens ziemlich komfortabel, da die Dörfer auf dem Weg ziemlich klein und allesamt umgeben von Natur sind. So findet man eigentlich überall mit wenigen zusätzlichen Schritten gute Spots, um das Zelt aufzuschlagen oder unter dem Sternenhimmel zu schlafen. Das einzige Problem für uns war auch dabei das Wetter, das sich wie gesagt Richtung Abend oft verschlechtert hat. Da kamen uns dann oft die Menschen vor Ort zur Hilfe: In einigen Nächten kam es ihnen zu Dank dazu, dass wir unsere Isomatten auf einer überdachten Terrasse gelegt oder das Zelt wenigstens im geschützten Garten aufgebaut haben. In den letzten beiden Nächten wurde uns sogar umsonst ein Platz im Gasthaus angeboten.

Gastfreundschaft entlang der Route

Das hatte mit Sicherheit mit der Tatsache zu tun, dass wir uns zur Zeit der Wanderung schon in der Nebensaison befanden, und doch gibt es eine übergreifende Erfahrung, die ich während der zehn Tage gemacht habe und die diese Zeit auch besonders wertvoll gemacht hat: Die Gastfreundschaft war dort so groß, wie ich sie zuvor selten erlebt habe. Kostenfreie Unterkünfte und Duschmöglichkeiten; die Möglichkeit, ein Teil unseres Gepäcks vorher in einem Gasthaus in Plav zu lassen – all das sind nur einzelne Beispiele für die unzähligen unvergesslichen

Peaks of the Balkans-Trail, wandern im Balkan

Fazit

All das oben genannte lässt sich mit einigen Tagen Abstand vielleicht am ehesten wie folgt zusammenfassen: Der Peaks of the Balkans-Trail ist für mich die perfekte Route, um zum ersten Mal eine Fernwanderung über mehrere Tage zu machen. Die optimale Wasserversorgung, nahezu menschenleere Wege und kulturelle Erlebnisse ohne Ende machen es aber auch für übrige Wanderbegeisterte zu einem lohnenswerten Ziel. Ich würde auf jeden Fall sofort wieder hinfahren – und ich bin mir sicher, ich würde mit weiteren neuen Erkenntnissen zurückkehren. Ich werde die Entwicklung der Route in den nächsten Jahren genau verfolgen und bin gespannt, ob meine in der Einleitung geäußerte Vermutung tatsächlich wahr wird.

Über Jasper

Jasper ist leidenschaftlicher Wanderer und wählt seine Reiseziele inzwischen maßgeblich nach den Berggipfeln drumherum aus. Am liebsten verbindet er das Wandern mit Campen in den Bergen oder dem Übernachten unter dem freien Sternenhimmel. Ansonsten liebt er Zugfahrten und Couchsurfen.

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Optimistische, sportbegeisterte & sture Trotzdem-Macherin. Seit ich 2012 das erste Mal meinen Rucksack gepackt habe, bin ich zum Reise-Suchti mutiert. Immer auf der Suche nach dem Neuen und Unbekannten.

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